Der lang ersehnte zweite Anlauf ist gestartet und nun soll es also weitergehen mit der Umrundung der Ostsee auf eigenem Kiel und ganz alleine. Ist schon ein wenig ungewohnt nach dem Corona-Lockdown wieder voll im Leben und in der Selbstverantwortung zu stehen.
Aber gesagt ist gesagt und so kam ich in Wiek auf Rügen an, um die APHRODITE ins Ostseewasser zu setzen. Die Rügener sind ja recht freundliche und liebenswerte Menschen, aber mit einem rheinischen Scherz können sie einfach nicht umgehen. Sie haben halt einen anderen Humor. Das “ins Wasser bringen” hat auch alles gut geklappt, aber mit dem zunehmenden Alter und den Coronapfunden auf den Rippen, war das Aufriggen und Beladen schon eine Qual, wobei ich mir direkt den ersten Sonnenbrand zugezogen habe. Zumal ich in Lohme den fitten Einhandsegler Jürgen, mit 75 Jahren und ähnlich großen Boot ,kennen gelernt habe. Dazu aber später mehr, denn erst muss ich von der wunderschönen Boddenlandschaft Rügens schwärmen, obwohl ich ja kein Angler bin. Trotzdem durfte ich von meinem Stegnachbarn mit zwei geschenkten Flundern vom Fischreichtum profitieren, die ich in meiner Bordküche sofort zubereitete. Die Landschaft über dem Wasser ist aber auch sehr beeindruckend und kann so fesselnd sein, dass ich vom Anblick der Insel Hiddensee leicht vom Fahrwasser abkam und einen unfreiwilligen Stop einlegte.
Nach dem das Kap Arkona umrundet wurde, lies der Wind nach und die restlichen 1,5 Stunden musste HEINI (mein Außenbordmotor) ran, um nach Lohme zu kommen. Der kleine Hafen ist wohl mehr für ganz große Schiffe ausgelegt. Meine Leinen waren dafür zu kurz und das Anlegemanöver war ein Reinfall, wäre da nicht der schon erwähnte Jürgen hilfreich mit eingesprungen war. Das war schon sehr peinlich. Schnell die unzähligen Stufen vom Hafen zur Stadt hochgelaufen und ich hatte Glück da das Coronatestzentrum noch geöffnet war. Den Test sollte ich in Schweden brauchen, sagte man mir. Und da sah ich die Ostsee wie in einer meiner Lieblingsfernsehsendung „Praxis mit Meerblick“. Ich vermute, dass das Gemeindehaus, was nun ein Testzentrum beherbergt, die Filmkulisse war.
Kaum war ich wieder im Hafen, fragte mich Jürgen wie es mit einem Bad in der Ostsee steht. Na, da wollte ich mich als Jüngling nicht hängen lassen und so kam ich zu meinem ersten Ostseeschwimmen in diesem Jahr. Toll, wenn ich das Glück habe, so wunderbare Menschen kennenzulernen. Der Abend war jedenfalls gerettet, da es viele Erlebnisse auf der Ostsee, aber auch einen Killpitsch zu teilen gab.
Die Nacht war recht kurz, da nach der Tiefschlafphase die Wetterdaten von mir abgerufen wurden und die vielen Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten der Route, die durch meinen Kopf gingen, keinen Schlaf mehr ermöglichte. So stand ich früh auf und legte mit Jürgens Hilfe Richtung Bornholm ab. Zuerst war es noch windig, aber nach dem großen Wildpark, der mitten in der Ostsee steht, war Schluss mit Segelwind und HEINI und MINNA (Selbststeuerung) mussten ran.
Da Langeweile und Müdigkeit aufkamen, wollte ich meine Drohne in der Fahrt ausprobieren. Das hätte ich lieber gelassen, da es fast in ein Fiasko geendet hätte. Der Start war perfekt und die Verfolgung des Schiffs ging auch. Aber dann blieb die Drohne in der Luft stehen und schaltete die Kamera aus. Was war defekt? Als sich auch noch der Akkualarm meldete, war Schluss mit lustig und ich wendete blitzschnell die APHRODITE zum Rettungseinsatz. Als ich unter der Drohne war konnte ich sie in der Hand landen. Puh, noch einmal Glück gehabt. Aber was war passiert? Ein vorzeitiger Blick in die Seekarte hätte mir verraten, dass ich in ein Militärisches Übungsgebiet gefahren bin und die Drohne nicht mitkommen wollte. Nun bin ich für die Zukunft gewarnt. Dumm war nur, dass die Filmaufnahmen auch gelöscht waren.
Da war es wieder – das leichte, sprudelnde Geräusch der Wellen, wenn die APHRODITE in sie eintaucht. Herrlich, wie habe ich das vermisst. Nach einem langen Tag bin ich dann endlich in Roenne, die Hauptstadt auf Bornholm angekommen. Na, und wer hatte mich verfolgt und kam später in den Hafen. Ihr habt’s erraten es war Jürgen.
Nachdem mein Plotter doch wieder funktionierte, wagte ich die Umrundung des Nordkaps von Bornholms, um in Allinge den angesagten Sturm abzuwettern.
Ich war drei Tage in Allinge im Hafen “gefesselt”. Es kachelte auf der Ostsee sehr heftig und da ich es nicht eilig hatte, konnte ich mir den Nordteil von Bornholm mit meinen Wanderschuhen erobern. Eine sehr beeindruckende und einmalige Landschaft und liebe freundliche Menschen. Eines nehme ich auf jeden Fall mit nach Hause und will es umsetzen. Hier in Dänemark laufen die Pärchen reiferem Alters alle Händchenhalten nebeneinander. Das sind nicht nur die lustwandelnden Urlauber. Weil mein Blick vom Boot auf den Nettoparkplatz fiel, beobachtet ich kein Paar, dass nicht gemeinsam zum Einkaufswagen ging und auch im Laden liefen sie nicht auseinander.
Nachahmenswert finde ich.