Teil 2.3: Von Kalmar bis Gotland

Es war wieder ein erfülltes Erlebnis in Kalmar zu sein. Die saubere klar strukturierte Stadt, wie es eigentlich typisch für Schwedens Städte ist. Gegenüber meinem Besuch 2019 ist die Uni nun fertig und umrahmt den Hafen von zwei Seiten. Hier würde ich bei dem Ausblick auch gerne Student sein. Ich würde mich aber wahrscheinlich zu sehr vom Lehrinhalt ablenken lassen. Na, wieder einmal in einem anderen Leben. 

Wieder habe ich den Dom von Kalmar besucht. Nicht, dass sie dort Werbung für den Konfirmandenunterricht machen, sondern haben einen kleinen Baum im Kirchsaal aufgestellt, an dem jeder der möchte, kleine Anhänger anbringen kann, wo er seine Wünsche oder Sorgen aufschreiben mag. Er ist schon ganz schön voll, aber ich habe noch ein Plätzchen für meinen Anhänger gefunden.

Ab in die Fluten der Ostsee hieß es dann am Badestrand von Kalmar, um die Hitze etwas erträglicher zu machen. Als ob ich nicht schon genug Wärme abbekommen hatte, saß ich das erste  mal auf dieser Reise in der Sauna. Zusammen mit einem Dänen, der mir stolz erzählte, dass er mit seiner Mannschaft morgen mit dem Zug nach Kopenhagen fahren, um an einem Klassentreffen teilzunehmen. Sie freuen sich sehr darauf, aber auch darauf, wenn dann weiter nach Norden gesegelt wird. Eine tolle Truppe, die sich über so lange Zeit dem Hobby segeln verschrieben haben.

DIE KALMASUNDBRÜCKE

Früh verließ ich den Trubel der Großstadt, um meine erste Übernachtung an einer blauen Vereinstonne des Svenska Kryssarklubben zu wagen, in dem ich eigens dafür eingetreten war. Auf den langen Weg durch die Schären hatte ich ein Segelboot mit großer Familie vor mir und ihr werdet es ahnen, auch sie waren im Svenska Kryssarklubben und nicht nur sie auch zwei weiter versuchten die Boje zu erwischen. Pech gehabt.

So musste ich an einem kleinen Anleger in der Nähe übernachten, dem ich bis heute die Gebühr von 100SEK schulde. Trotz eindringlichen Telefonat mit meiner Bank war es mir nicht möglich mit der in Schweden üblichen App Swish das Liegegeld zu bezahlen. Mit dieser App wird ein Betrag auf eine Telefonnummer übertragen und ist in Schweden sehr beliebt. Dafür konnte ich aber mein ersten super tollen Sonnenuntergang erleben, wenn man ihn so nennen mag, da ja bald Mittsommer ist.

Mit einem schlechten Gewissen ging es am anderen Morgen zurück nach Öland in den Hafen von Sandvik, der für seine Geschichte der Kalksteinverladung bekannt ist.

Hier wurden früher die Kalksteine aus den umliegenden Steinbrüche hergebracht, um in der Mühle geschliffen zu werden. Anschließend wurden sie mit Ruderbooten auf die draußen vor Anker liegenden Segelschiffe verladen. So eine Schufterei können wir uns heute nicht annähern vorstellen. Da auch hier die Bezahlung per Swish gewünscht ist, aber auch eine Telefonnummer angegebenen war, konnte ich das Liegegeld bei einem sehr freundlichen Hafenmeister bezahlen. Dies tat ich mit meiner Apple Watch, weil ich bemerkte, wie stolz der betagte Hafenmeister seine krass bunte Version der Uhr in Szene setzte. Wir waren dann direkt Freunde und er erklärte mir bei einem Rundgang alle Annehmlichkeiten rund um den kleinen Hafen. Obwohl einige Wohnmobilisten Fragen hatten, vertröstet er sie auf später. Da kann man einmal sehen, wie ein kleines technisches Geräte die Türen zu einer netten zwischenmenschlich Begegnung öffnen kann. Es kann sicher auch eine andere Uhr oder ähnliches Verbindendes sein.

Beim Drohnenflug

Abends kam dann noch ein holländischer Einhandsegler mit einem großen Segelboot. Beim Quatschen über der Reling (obwohl ich ja keine habe) stellte sich heraus, dass er aus Medemblik kommt und so wie ich schon an manchen 24 Stunden Race von Medemblik teilgenommen hatte. Na, da gab es ja Gesprächsstoff reichlich.


Viereinhalb Stunden Motorgetucker und schon war ich an der Naturschutzinsel Blå Jungfrun (Blaue Jungfrau) die mitten im Kalmarsund mit 83 Meter herausragt, „vorbeigesaust“. Woher sie ihren Namen hat müsste ich einmal recherchieren. Dann kam ich doch noch in Byxelkrok an. Ein kleiner ehemaliger Fischerhafen, der kräftig für die lohnendere Einnahmequelle dem Bootstourismus ausgebaut wird, da er der letzte Hafen Ölands auf dem Weg von und nach Gotland ist. Aber geräucherten Fisch gibt es trotzdem in den niedlichen, kleinen und roten Fischerschuppen.

Beim Streifzug durch das Dorf entdeckte ich „meine“ Kappelle, um dort gleich auch für „fair wind and a following sea!“ zu bitten. 

Der folgende Tag war erst einmal als Wandertag und Drohnenfliegen üben angesagt. Also los zur Neptuni Åkrar, welches eine Kalksteinformation am Ufer ganz an der nördlichen Spitze Öland ist. Die als Platten über die Jahrtausende ausgeprägte Küste soll sehr viele Fossilien beherbergen. Da ich kein Hämmerchen dabei hatte und auch nicht so auf Fossilien stehe, habe ich einen Drohnenflug an der Küste durchgeführt. Es waren wunderschöne Pflanzen zu bewundern, aber am meisten wunderte ich mich über die Meldung auf meiner Drohnenfernbedienung: „Sie wollen in der Nähe einer Flugverbotszone fliegen, es könnte sein, dass die DJI Air2s nicht auf alle Kommandos reagiert“. Diese Meldung ist neu und erst nach einem gestern eingespielten Update sichtbar. Es kann doch wohl nicht sein, das DJI meine Panne auf dem Weg nach Bornholm mitbekommen hat. Meinen Block werden die Chinesen wohl nicht lesen. Oder?

Und wie erwartet, habe ich um 5:30 Uhr die Leinen losgeworfen und bin mit keinem Wind und Welle Richtung Norden getuckert.

Die Nordspitze Ölands

Erst gegen 10 Uhr, diesmal wie vorausgesagt, kam ein dreier Wind, der das Segeln ermöglichte. So gegen 14 Uhr wurde es spannender, denn Hoch am Wind mit 4 in Böen 5 Bft und einer knapp ein Meter Welle, bedeutet schon Arbeit an der Pinne. Fast jede dritte Welle aussteuern ist sehr kräfteraubend.

Ich bin dann quer durch das Schießgebiet gesegelt, da auch die Schnellfähre den gleichen Kurs gewählt hatte und wurde um 18 Uhr nach 46 Seemeilen schon freundlich von einer hübschen Hafenmeisterin am Steg erwartet, da ich online reserviert hatte. Kurz vorher hatte mich noch Visby Trafic über Funk zur Eile aufgeforderten in den Hafen zu kommen, da „Cinderella“ das Kreuzfahrtschiff der Vikingline ablegen möchte. Die hatten gut reden bei den hohen Wellen vor der Hafeneinfahrt. Da war das tolle Gefühl wieder da, wenn mit dem besten Eis Visby von Trossen (der Laden meint zwar der Welt, ich glaube ihm aber nicht) an der Hafen-Promenade im Sonnenschein auf meine APHRODITE schauen darf.

In der Nacht hat es richtig geschüttet und Wasser tropfte durch die Heisstropluke. Daher war erst einmal Reparieren angesagt. Dann hatte ich „Heini“ meinem Außenborder versprochen, wenn er die 5 Stunden Dauereinsatz durchhält bekommt er neues Öl. Und so musste ich wie 2019 die in Visby erworbene Oelpumpe zum Einsatz bringen, um mein Versprechen einzulösen. 

Von wegen Midsommar ist ein Saufwochende in Schweden. In Visby flanieren die meisten aufgetakelt in Familiengruppen zusammen in der Innenstadt und gehen lecker essen oder sitzen im Kreis auf der Wiese um zu singen und picknicken.

Högklint

Sonntagmorgens von Seeschwalben Gezwitscher, nur unterbrochen vom gelegentlichem Möwen Gekreische, geweckt zu werden und dies in einer Großstadt ist schon erlebenswert. Aber dann kam die Destination Gotland Fähre mit ihren Gasturbinen und lud unmissverständlich zum Aufstehen ein, um meinen Leihwagen vom Hafenmeister abzuholen.
Ach übrigens, die Busse in Gotland fahren, wie die auf Öland alle mit Biogas, ob das die Fähren auch machen konnte ich nicht heraus bekommen.
Jedenfalls hatte ich herausgefunden, dass ein Mensch in Schweden, egal welcher Nationalität, mit dem 65 Lebensjahr als Rentner gilt und Vorteile genießt. Bingo. Ich fragte einmal beim Hafenmeister wegen des Mietwagenpreises nach. Aber da ließ sich nichts machen. Dafür bekam ich den besten Wagen der Flotte einen Audi 100 mit sofaähnlichen Sitzen. Der Tacho hatte schon bei 328000 Km den Geist aufgegeben, aber der Gotlandsender „Classic Rock“ war lautstark eingestellt.Toll genau für mich. Und so ging es mit Led Zeppelin ab in den Norden Gotlands.


 Die Fähre brachte mich auf die Insel Farö und der Audi zur Kaffepannan einer der eigenwilligsten Raukar Gotlands oder auch Hund genannt. Die Raukar bezeichnen Kalksteinsäulen, die von Erosion durch Wetter und Meer vom weichen Kalkstein abgetragen nun stattliche fossilierte Korallen und hartes Gestein zurückließen. Das konnte so entstehen, da der Kontinent Baltica vor tausende Jahre am Äquator unter Wasser lag und sich an dieser Stelle aus dem Wasser erhoben hat. Auf jeden Fall sehr beeindruckend und etwas ganz Besonderes. 

Kaffeepause am Leuchturm

Ich gönnte mir dann am Leuchturm Farö, der die nördlichste Spitze Gotlands markiert, einen Kaffee mit einem leckeren Möhrenkuchen.

Wieder von der Insel erreichte ich die Jungfrun. Sie ist mit 27 Meter die höchste Rauk. Hier geben sich viele Paare das Ja-Wort oder versprechen sich gegenseitig für immer zusammen zu bleiben. So wie die harte und beständige Rauk soll nach einer Sage die Liebe für immer erhalten bleiben. Das kann ich für euch nicht ausprobieren, da ich schon verheiratet bin. Der lange Fußmarsch zur Jungfrun denke ich gibt ja jedem die Gelegenheit gründlich über die Entscheidung nocheinmal nachzudenken. Hübsch ist es hier schon und ein toller Platz solch ein Ereignis zu zelebrieren.

Na ist das nicht schön kitschig?

Noch einmal musste ich mir eine leckere geräucherte Makrele gönnen, da früh am Morgen der Abschied von Gotland anstand. Ich werde Gotland einem ganz besonderen Platz in meiner Erinnerungen einräumen und berührt zurückschauen.
Danke dafür.