6- von Klaipeda nach Ventspil

Die Wetteraussichten waren fantastisch und es ging los nach Liepaja in Lettland.  An dem Kreuzfahrer Queen Victoria vorbei auf die Ostsee. Die litauische Küstenwache ließ es sich nicht nehmen mit einem Schlauchboot angerast zu kommen, um zu kontrollieren ob ich mich auch ordentlich abgemeldet hatte. Hatte ich und somit  konnte ich den achterlich Wind und die Sonne ausnutzten, um nach Liepaja zu kommen. 

Acht Stunden mit dem selben Gennakerkurs und ordentlich Welle hinterließ einen trainierten rechten Bizeps und platt gesessenen Hintern. Eine gesperrte Zone, wegen versenkten alter Kriegsschiffswracks, habe ich geschnippelt, denn weit vor mir surfte die Muskat mit gleichen Kurs auf den Wellen. Da sagte ich mir: Hinterher, wenn die explodieren kann ich immer noch anluven. Alles gut gegangen und ein tolles Foto habe ich auch bekommen.

Manchmal ist die Zeit in Liepaja stehen geblieben

Der Hafen von Liepaja ist nicht im eigentlichen Sinne ein Jachthafen. Fischer, Holzfrachter, die lettische Marine und ganz am Ende ein kleiner Steg mit einem Klo-Container und ein Bürohäuschen. Zum Waschen und Duschen bekommt man einen Gutschein für eine knapp einen Kilometer entfernte Muckibude. Ich kam mir ein bisschen unterentwickelt neben den massigen Muskelpaketen vor. Hier möchte ich nicht im Sommer sein, wenn mal richtig was los ist. Am folgenden Tag war leichter Regen angesagt und da ich unbedingt nach Riga wollte lief ich zum Bahnhof und setzte mich in den Bus. Ich bekomme wie alle anderen einen festen Sitzplatz mit dem Kauf des Tickets zugewiesen, was vom strengen Bussfahrer genauestens kontrolliert wird. Auf den Tickets steht auch das Ziel drauf, daher weis der Busfahrer auch wo er wen rauslassen soll. Alles völlig stressfrei und ruhig. So vergingen die vier Stunden angenehm, da ich eine hübsche schlanke Sitznachbarin hatte. Es hätte auch anders ausgehen können, da die älteren Lettinnen schon eine gewisse Körperfülle mitbringen.
In Riga angekommen nieselte es und ich wandelte erst einmal durch die Stadt und suchte meine gebuchte Unterkunft auf.

Prunkhäuser in Riga

Da stand ich vor einem repräsentatives Gründerzeithaus und suchte den Eingang. Im Hinterhaus fand ich ihn dann auch. Ist schon komisch, wenn alle anderen Gäste ungefähr ein Drittel so alt sind wie man selber. Aber das Zimmer war völlig in Ordnung und meine Befürchtung mit dem gemeinsamen Badezimmer bestätigten sich nicht. Also los in das Nachleben von Riga.
Ich blieb in einem Rockcafe hängen, welches nicht zu der bekannten Kette gehörte und lies es mir bei fetziger Musik gutgehen. Das Essen war super und Grimmbergen Bier vom Fass, was zu einem unschlagbaren günstigen Preis angeboten wurde. Da verdienen sich die Belgier und Holländern  ja eine goldene Nase im eigenen Land.
Am Morgen weckte mich die Sonne auf und Rigas Altstadt musste entdeckt werden. Eine eindrucksvolle, repräsentative und überwältigende Stadt zeigte sich mir.

Dann auf dem Markt Rigas, der fast ein eigenen Stadtteil darstellt, so rissig ist er. Ich würde vom Angebot erschlagen und konnte mir nur die Mengen von Blumen, Gemüse, Fleisch, Fisch und Obst so erklären, dass die Letten eine Abneigungen gegen eingeschweißte Portionen aus dem Supermarkt haben. Daran können wir uns ein gutes Beispiel nehmen.

Der Markt der Möglichkeiten in Riga

An den Kirschen und dem Honig konnte ich nicht vorbeigehen. Da bekam ich auch gleich die ganze Familiengeschichte gratis dazu erzählt. Ich muss dringend an meinem Englisch arbeiten war die Erkenntnis daraus. Denn was ihre Kinder nun machen konnte ich nicht nachvollziehen, aber der Honig schmeckte Klasse und er war sehr preiswert.

Einsam im Hafen von Liepaja

Das Wetter versprach Gutes, so machte ich mich am Sonntag früh auf dem Weg nach Ventspil dem nördlichsten Hafen Lettlands. Es waren 63 sm und 12 Stunden, eigentlich nicht schlecht für die Aphrodite, aber die körperlichen Anstrengungen und permanent an den Pinne zu steuern zerren an mir. Ein Vogelpaar umkreist mich gerade zwitschernd und schon bin ich weg, ohne richtig hingesehen zu haben, denn die Stellung der Segel verlangen meine Aufmerksamkeit. Bis jetzt ist die Hetze gut gegangen, aber wie lange noch, ist der Kredit an Glück nicht bald aufgebraucht. Ich habe dann endlich einen in mir schon lange keimenden Entschluss gefasst: Ich werde mein Vorhaben nicht weiter verfolgen! Ich merke, dass ich dem nicht körperlich gewachsen bin und nur von einem Hafen zum anderen zu Hetzen ist es mir nicht wert. Und dies geht schon 790 Seemeilen so, immer mit dem schlechten Gewissen in einem Hafen bleiben zu müssen, obwohl ich weiter muss. Eigentlich wollte ich auch die Landschaft und Natur genießen und die Menschen kennenlernen die hier leben.  So werde ich mich nicht mehr dem sportlichen Ehrgeiz die Ostsee zu umrunden aussetzten und den Nordteil mit den langen Schlägen aussparten. Damit habe ich mehr Zeit für den Süden und den Schären von Finnland und Schweden. Erst jetzt merke ich deutlich kann ich entspannen und werde gleich einmal den morgigen Tag hier in Ventspil verbringen und freue mich auf ein Wiedersehen mit der Keto. Ich hoffe ihr könnt meinen Entschluss nachvollziehen.

Hafen von Venspils mit ganz langen Heckleinen

Der Hafen von Ventspil ist nicht wirklich schön. Das er der einzige ist auf dem Weg in die Rigabucht, oder wie ich es vorhabe nach Estland, wissen sie und gestalten die Preise entsprechend. Aber alles sehr freundlichen und hilfsbereit.
Beim Klönschnack mit Petra vom Nachbarboot, die wissen wollte wie meine Erfahrung mit dem russischen Zoll waren, erzählte ich meine Erlebnisse mit dem Drogenhund. Sie sagte nur, dass es doch nachvollziehbar wäre, so wie ich aussehe. Ich stutze, wir mussten dann beide lachen, da ich ein T-Shirt mit einem Pink Floyd Schriftzug anhatte.
Ventspil ist eine typische Stadt für Lettische Verhältnisse. Runtergekommene Holzhäuser treffen auf Wohnsilos aus der russischen Zeit, aber Neubauten und Infrastruktur von der EU unterstützt.

Hier wurde eine Hansekogge im vollen Maßstab aus Edelstahl und Wassersegel gebaut. Einfach beeindruckend.

Im Supermarkt fülle ich noch einmal meine Vorräte auf, da es in Estland teurer sein soll. Das Angebot von Obst und Gemüse ist hier sehr bescheiden. Das Superangebot niederländischer roter Paprika für 2,79€ pro Stück konnte ich widerstehen. Dafür ist Alkohol günstig. Man muss halt Prioritäten setzen.
Als ich im Hafen zurückkam, hatte die Keto angelegt. Ich werde morgen nach Norden zur estländischen Insel Saaremaa segeln und bin schon ganz gespannt den letzten Baltischen Staat für mich zu erkunden.