Teil 2.6: Rügen stellt den Abschluss der Reise dar

Es war zwar Wind um 4 Bft und Welle bis ein Meter angesagt aber bei Halben Wind sollte es klappen. Um 4 Uhr war ich  aufgestanden, um 5 Uhr abgelegt und dann verabschiedet mich Ystad mit einem herrlichen Sonnenaufgang unterstützt vom fünfmaligen Schlagen der Glocke von der St. Marien Kirche.


Nach der letzten Fahrwassertonne den Kurs auf Süd abgesetzt und dann hieß es Wellensurfen. Anfangs mit sehr viel Spaß, aber irgendwann lassen doch die Kräfte und auch die Aufmerksamkeit nach. Sie waren aber dann wieder voll da, als ich das erste Frachter- und Tankerfahrwasser kreuzte. Gegen 10 Uhr ließ der Wind mich einmal pausieren, war aber nach einer Stunde wieder da, aber die Welle war sehr angenehm geworden. 10 Seemeilen vor Rügen brodelte es und da sah ich schon die ersten Blitze auf Rügen niedergehen. So empfängt mich also Deutschland dachte ich. Und es kam noch schlimmer, da sich ein Wolkenbruch über mich ergoss und natürlich keiner am Steg in Lohme war, um mir beim Anlegen zu helfen. Ich hatte Deutschland nach 9 Stunden mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 6,3 Knoten erreicht und war fertig und geschafft.

Dann ließ der Regen wie bestellt nach und ich ging erst einmal ins Café Niedlich um etwas zu essen. Der Kellner kam mit Maske und legte mir die Speisekarte und ein Zettel vom Abreißblock mit Stift auf den Tisch. Ich dachte schon komisch, ob er sich meine Bestellung nicht merken kann und schrieb Bier und Hering auf den Zettel. Aber falsch, da ich meine Kontaktdaten darauf schreiben sollte und beim Bezahlen ging nur Bares über den Tisch. Ich musste mich nach sechs Wochen Dänemark und Schweden erst wieder an die deutschen Gepflogenheit im Umgang mit den Corona-Pandemie gewöhnen. Auch der Hafenmeister war nur mit Bargeld zufrieden, aber nahm eine Bestellung für frische Brötchen entgegen. Wie ich die knusperigen Brötchen vermisst habe, nach dem matschigen Einerlei in Schweden. 

Quer an der Steilküste Rügens vorbei und rüber an die Südspitze der Insel in den Greifswalder Bodden, wo wieder das Tonnensuchen angesagt war. Mal Wind, mal nicht, aber ich bin trotzdem in das enge Fahrwasser des Zicker See nach Thiessow gekommen. Sehr eigenwillig in dem total vollen Hafen, aber ich lag fest und habe sogleich den Kontakt mit den Nachbarn aufgenommen.

Volker hat mich direkt zu einem Drink auf seine 40 Fuß Svan eingeladen, um mir seine Erfahrungen in Hamburg, Mittelmeer, Französische Küste und englische Küste mitzuteilen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, da er so einen tollen Schnack drauf hatte, aber auch zuhören konnte.

Am Morgen fiel die Entscheidung, da viel Sonne bei wenig Wind voraus gesagt wurde, einen Tag zu bleiben, um mit dem Leihfahrrad die Küste Rügens zu erkunden.

Ihr wisst ja von meiner Leidenschaft zu Krimis und ich hatte die Rügenkrimis von Katharina Peters schon gelesen, also musste ich auch die Orte der Geschehnisse aufsuchen. Da es so heiss wurde konnte ich nicht anders, als den Nachmittag in den Fluten der Ostsee zu verbringen. Es war ein herrlicher Tag, der mir am späten Nachmittag noch ein Verehrer der 806 längstseits mit seinen beiden Kindern bescherte.

Der Himmel war bedeckt und ich musste zuerst durch die enge Fahrrinne des Zicker Sees motoren, bis im Greifswalder Bodden die Segel gesetzt wurden. Kurz vor dem Strelasund briste es bei Sonnenschein schon mächtig auf, als ob Stalsund nicht wollte dass ich es unter Segel erreichen sollte. Aber ich bin hart im Nehmen und ab ging es auf Kreuzkurs bis kurz vor der Hubbrücke. Übrigens als einziger, denn alle anderen waren unter Motorkraft unterwegs. Machmal stelle ich mir die Frage, warum kauften sich diese „Segler“ nicht ein bequemes Motorboot? Da die Brücke auch den Zugverkehr nach Rügen unterbricht, wird sie nur alle zwei Stunden geöffnet. Schon ein sehr anspruchsvolles Timing für einen Einhandsegler wie mich.

Von der Plicht ein Blick auf Stralsund

Als ich unter der Rügendammbrücke durchgefahren bin, da sah ich schon Carsten am Vereinshafen Dänholm winken, um mir einen Anlegeplatz zu zeigen. Carsten und sein Hund Paule kenne ich seit meiner Tour 2019 und haben zusammen mit seiner Frau Anke schon viele schöne gemeinsame Erlebnisse teilen können. Das war eine Wiedersehnfreude, die am Abend mit einige Gläschen Primitivo ihren Ausklang fand. Nur Paule fand es wohl nicht so spannend und hatte sich schon früh in seine Ecke zurückgezogen, um ein Schläfchen zu wagen.

Blick von der Gorch Fock auf die Insel Dänholm

Am folgenden Tag waren es in Böen 9 Bft und die APHRODITE hatte schon mächtig im Hafen an den Leinen gezogen. Trotzdem habe ich sie nicht losgemacht und bin nach Stalsund gelaufen, um mir die Backsteinbauten und Kirchen anzusehen. Eine von Touristen pulsierende Stadt. Gut, dass ich mir schon beim letzten Besuch das Ozianeum angesehen hatte, da durch die Hygiene-Maßnahmen eine riesige Schlange an Menschen vor dem Eingang auf Einlass warteten. Daher war Zeit, um die Gorch Fock zu besichtigen.

Das Rathaus von Stralsund

Am Abend kam noch mehr Wind, aber auch die Sonne und so machte ich es mir in der Hafenkneipe gemütlich.

Der Morgen war trüb und es regnete ein wenig beim Ablegen, so als weinte Stralsund weil ich es verließ. Guter Wind brauchte die APHRODITE so richtig in Fahrt und über Hiddensee zeiget sich schon die Sonne. Da das Kreuzen im engen Fahrwasser nur etwas für Segler mit guter Ortskenntnis oder mit Leichtsinn möglich ist, musste HEINI drei Stunden gegen gut 15 Knoten Wind ankämpfen. Ich hatte den Eindruck, dass er recht froh darüber war, als es im Wieker Bodden dann unter Segel weiterging. Da sah ich schon die Hafeneinfahrt von Wiek, die mir unmissverständlich suggerierte: dein Törn ist zu Ende!

Wiek auf Rügen

Sechs Wochen war ich nun mit der APHRODITE, HEINI (Außenbordmotor) und MINNA (Selbststeuerung) unterwegs und habe meinen Traum die Ostsee zu umrunden vollendet. 786 Seemeilen (knapp 1500km) habe ich zurückgelegt, habe einen Geschwindigkeitsrekord von 9,6 Knoten erreicht und hatte Etappen, die mehr als 12 Stunden non stop absolviert werden mussten. Es war beschwerlich, aber auch wunder, wunderschön und von ergiebigen Eindrücken geprägt, die sich fest in meine Erinnerung verankern werden. Ich hatte immer Glück dabei oder einen sehr guten Aufpasser gehabt, der mich gesund und gestärkt zurückgebracht hat. Na, und braun bin ich vielleicht geworden. Ein bisschen Wehmut überkommt mich schon, da der Alltag wieder auf mich wartet. Danke, bei den vielen Unterstützer, Begleiter und Menschen, die ich kennenlernen durfte. Die Natur Schwedens und Dänemark ist einfach unbeschreiblich. Bis bald einmal.